Stellungnahme des FCSR zum letzten Heimspiel

Liebe offizielle Fanclubs,

nach den Ereignissen, die am Sonntag im Bereich der Südkurve passiert sind, sitzen wir nun zusammen und sind erschlagen von den Eindrücken, die wir dort teilweise persönlich miterlebt haben. Uns tut es leid, wie sich die Situation entwickelt hat.

Als wir 2008 uns zur Wahl des Sprecherrats gestellt haben, haben wir dies – neben der verwaltenden Tätigkeit – auch immer als Auftrag zur Einmischung gesehen. Wir wollten die Werte, die unseren FC Sankt Pauli seit nunmehr 25 Jahren ausmachen, wahren und weiterentwickeln. Wir wollten diesen „anderen Verein“ mitgestalten und Missstände aufzeigen, so wie das der Fanclubsprecherrat seit seiner Gründung schon getan hat.

So wurde beispielsweise unter großer Anteilnahme der Millerntaler verhindert, der mögliche Verkauf des Stadionnamens gestoppt und auch als es um die neuen Anstoßzeiten ging wurden viele Proteste dagegen von Sankt Paulianern initiiert. Das waren und sind alles Dinge, die neben vielen anderen Selbstverständlichkeiten in der Tradition der Sankt Pauli-Fans liegen, die Ende der 80er-Jahre ihre Vorstellung von Fußball und einem Stadionbesuch durchsetzten und damit Vorbild für viele Fanszenen in Europa wurden und immer noch sind.

Für uns als euer Sprecherrat war es daher auch eine Selbstverständlichkeit gegen eine Aussperrung von Gästefans vorzugehen, da wir auch immer noch der Meinung sind, dass dies uns alle betrifft. Im Ständigen Fanausschuss – in welchem sich die aktiven Gruppen des FC Sankt Pauli regelmäßig treffen – wurden verschiedene Möglichkeiten dagegen vorzugehen erörtert. Die Gespräche, die mit dem Präsidium geführt wurden, haben sich mittlerweile leider als reine Zeitverschwendung hervorgetan.

Neben dem Fanladen, Ultrà Sankt Pauli und 18 offiziellen Fanclubs, haben wir – in eurem Namen – den Boykottflyer unterschrieben. Wir haben darauf dazu aufgerufen, Protestformen zu entwickeln und durchzuführen. Wie wir alle wissen wurden unter anderem am Sonntag die Eingänge blockiert und es entstand großer Unmut über die Art und Weise des Protestes.

Wir sehen uns euch gegenüber in der Pflicht, unsere Meinung zu den Vorkommnissen darzulegen. Wir sind der Meinung, dass die von den Blockierern gewählte Form des Protestes die richtige war, um auf die „offene Tür“, die alle Fußballfans betrifft, aufmerksam zu machen. Was wir allerdings bemängeln, ist die Durchführung und die mangelnde Kommunikation zum einen sowie das Verhalten zwischen den Blockierern und den restlichen Südkurvenbewohnern zum anderen. Man hätte im Vorfeld – und vor allem vor dem Stadion – schon darauf hinweisen und für Verständnis werben müssen, dass die Kurve für 5 Minuten blockiert wird. Das hätte dazu beigetragen, dass viel weniger Menschen sich im Umlauf aufhalten und vielleicht auch für mehr Solidarität unter den Fans gesorgt. Sicherlich hätte es auch noch andere Möglichkeiten gegeben, die Situation zu entspannen. Diesen Schuh müssen sich unserer Meinung nach alle – ob aktiv oder passiv mitgewirkt – an der Blockade Beteiligten anziehen.

Dass sich dann allerdings Sankt Paulianer mit Sankt Paulianern hauen und sich anspucken, ist außerhalb jeglicher Vorstellungskraft und ein nicht hinnehmbarer Zustand, der so nie wieder vorkommen darf. Was wir auch definitiv nicht akzeptieren sind homophobe und rassistische Sprüche. Wir hätten es nie für möglich gehalten, dass am Millerntor andere Menschen als „Schwuchtel“, „Fotze“, „Nigger“ und anderem bezeichnet werden dürfen, ohne dass dagegen vorgegangen wird. Auch hier sind wir wohl mittlerweile ein Verein wie jeder andere.

Es wurde der Solidaritätswillen der Fans auf der Südtribüne überschätzt und ein Bild nach außen getragen, welches faktisch am Millerntor so nicht (mehr) existiert: Ein von vielen getragener Protest gegen die Einschränkung von Fanrechten und der Zerstörung der Fankultur. Medial ist also ein Bild entstanden, das nur unter Zwang entstehen konnte. Das war politisch falsch. Die Auseinandersetzung mit der eigentlichen Problematik findet dadurch nicht mehr statt

In der nun sehr hitzig geführten Diskussion wird die alleinige Schuld Ultrà Sankt Pauli gegeben. Wir haben uns bewusst für die Bezeichnung „Blockierer“ entschieden, da wir wissen, dass neben USPlern auch viele Mitglieder aus Fanclubs sich an der Blockade beteiligt haben. Wir wollen und können daher auch nicht akzeptieren, dass eine einzelne Fangruppe durchs „Dorf getrieben“ wird.

no retreat!

Euer FCSR